[08.03.2022] Schulbesuch geflüchteter Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine
>>>>>>>>>> Beginn der Schulmail des MSB NRW >>>>>>>>>
Sehr geehrte Schulleiterin, sehr geehrter Schulleiter,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die schlimmen Folgen dieses Krieges zwingen inzwischen weit mehr als eine Million Menschen ihre Heimat zu verlassen und außerhalb der Ukraine Schutz zu suchen – auch bei uns in Nordrhein-Westfalen. Die Landesregierung hat in den vergangenen Tagen sehr schnell mit Nachdruck und Entschlossenheit betont, alles Mögliche zu tun, um diesen Menschen zu helfen. Dies bedeutet zunächst einmal, sie aufzunehmen und willkommen zu heißen. Unter den Ankommenden befinden sich viele Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter. Diese bedürfen im Besonderen des Schutzes und unserer aller Hilfe. Mit dieser Schulmail übersenden wir erste grundlegende Informationen zur Unterstützung eines guten Ankommens an alle für die Beschulung im engeren und im weiteren Sinne Verantwortlichen – an unsere Schulleitungen, an unsere Schulaufsicht, an die Schulträger, an die Kommunalen Integrationszentren und an die Schulpsychologischen Beratungsstellen.
Ankommen in Nordrhein-Westfalen
- Nach den am Donnerstag gefassten EU-Ratsbeschlüssen erhalten die ukrainischen Kriegsflüchtlinge in allen EU-Mitgliedsstaaten ab dem 3. März 2022 einen Aufenthaltstitel für zunächst ein Jahr, der um weitere zwei Jahre verlängert werden kann.
- Die Flüchtlinge, die in Deutschland aufgenommen werden, können danach eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes bekommen und müssen kein Asylverfahren durchlaufen. Sie werden mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis einer Kommune zugewiesen und müssen hier ihren Wohnsitz nehmen.
- In den kommenden Tagen und Wochen werden die Ausländerbehörden grundsätzlich allen Flüchtlingen aus der Ukraine die Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz erteilen, auch denjenigen, die bislang schon eingereist und privat untergekommen sind. Damit erfolgt, wie oben dargelegt, auch die Zuweisungsentscheidung. Sobald die Flüchtlinge ihren Wohnsitz in der Zuweisungskommune genommen haben, entsteht für die betroffenen Kinder und Jugendlichen nach § 34 Absatz 1 Schulgesetz die Schulpflicht.
Ankommen in der Schule
- Die Zuweisung eines Schulplatzes für die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen erfolgt durch die örtlich zuständigen staatlichen Schulämter.
- Im Rahmen der Zuweisung erfolgt auch eine Beratung der ankommenden Familien aus der Ukraine zur angemessenen Beschulung ihrer Kinder. Diese Beratungsleistung erfolgt in den meisten nordrhein-westfälischen Kommunen durch die an die Kommunalen Integrationszentren abgeordneten Lehrkräfte des Landes Nordrhein-Westfalen. Da in den vergangenen Jahren stetig Zuwanderung erfolgte, liegen hier gute Beratungspraxen und erprobte Konzepte vor.
- Dieser vorgesehene Ablauf kann selbstverständlich nicht ausschließen, dass in den nächsten Tagen auch Kinder und Jugendliche bei noch ungeklärtem Aufenthaltsstatus und ohne vorherige Zuweisung durch die Schulaufsichtsbehörden direkt bei Schulen vorstellig werden. Der Schulbesuch soll in diesen Fällen in Abstimmung zwischen der für die Zuweisung zuständigen unteren Schulaufsicht und dem Schulträger, ab sofort – und auch im Vorgriff auf die erwartete Rechtslage – grundsätzlich ermöglicht werden.
- Jede Entscheidung von Schulleitungen zur Aufnahme einer Schülerin oder eines Schülers erfordert allerdings aus Gründen der gleichen Behandlung aller zugewanderten Kinder und Jugendlichen und einer vorausschauenden Planung von erforderlichen Ressourcen und Schulplätzen dabei immer eine Abstimmung mit der unteren Schulaufsicht. Dort, wo die Dienst- und/oder Fachaufsicht bei der oberen Schulaufsicht liegt, wird die untere Schulaufsicht das Benehmen mit dieser herstellen.
- Bei der Entscheidung über eine zügige Beschulung sollen die besonderen Fluchtumstände der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt werden. So hat gerade in den ersten Tagen für viele Familien der schnellstmögliche Schulbesuch aus nachvollziehbaren Gründen nicht immer die allerhöchste Priorität. Oberster Maßstab aller konkreten Entscheidungen zur Beschulung sollte immer das Wohl der Kinder und Jugendlichen sein.
Deutschförderung und weitere Unterstützung
- Die in den Schulen für die neuankommenden Schülerinnen und Schüler einzuleitenden Maßnahmen zur Förderung der deutschen Sprache regelt der Runderlass „Integration und Deutschförderung neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler“ (BASS 13-63 Nr. 3). Die Beschulung der neu angekommenen Schülerinnen und Schüler erfolgt danach entweder in innerer Differenzierung, in teilweise oder in vollständig äußerer Differenzierung. Damit ist noch keine Zuordnung der Schülerin bzw. des Schülers zu einem Bildungsgang der besuchten Schulform verbunden. Das erfolgt mit Blick auf die jeweilige schulische Entwicklung der Schülerin bzw. des Schülers zu einem späteren Zeitpunkt.
- Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine gute und bewährte schulische Integrationsinfrastruktur. Die Landesstelle Schulische Integration (LaSI) steht in engem Austausch mit den Lehrkräften in den Kommunalen Integrationszentren. Diese geben neben der Durchführung von Seiteneinstiegsberatungen auch Informationen zu den örtlichen Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche weiter. Auch hierdurch wird den aus der Ukraine geflüchteten Schülerinnen und Schülern das Ankommen erleichtert. Im Auftrag des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen begleitet die LaSI diesen Prozess in Form von Vernetzung, Qualifizierung und Beratung aller Beteiligten. Aktuell werden im Internetauftritt der LaSI www.lasi.nrw.de Grundinformationen zum Schulsystem in der Ukraine zur Verfügung gestellt. Die Regelsysteme erhalten hierdurch eine wichtige Orientierung für die Beratung und die schulische Integration der ankommenden Familien.
- In Zeiten von Flucht aus der Ukraine wird Schule ein wichtiger Ankerpunkt sein für das Lernen und das psychische und soziale Wohlbefinden von geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Das Erleben von Schule als sicheren Ort ist dabei von entscheidender Bedeutung: Hier wird Resilienz gestärkt durch die sichere Strukturierung des Alltags und durch die Stärkung von Kontrollüberzeugungen und Zugehörigkeit. Belastungen wie die Sorge um Angehörige und den Verlust von Heimat und sozialen Beziehungen können so in einem ersten Schritt aufgefangen werden. Allein diese Funktion von Schule ist hochwirksam und beugt psychischen Langzeitfolgen wesentlich vor, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Die in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt als gemeinsame Kooperation von Land und Kommunen vorhandenen schulpsychologischen Beratungseinrichtungen können von Schulen bei Bedarf für eine inhaltliche Vertiefung dieses Themas im Kollegium oder für die Schulteams im Sinne einer systemischen Beratung für die Schulberatung, Gewaltprävention und Krisenintervention angefragt werden. Weitere Informationen und hilfreiche Links hat die Landesstelle Schulpsychologie und Schulpsychologisches Krisenmanagement (LaSP NRW) in Kooperation mit den kommunalen Stellen hier bereitgestellt und aktualisiert diese fortlaufend: https://schulpsychologie.nrw.de/themen/krieg/krieg.html
Sehr geehrte Schulleiterin, sehr geehrter Schulleiter,
sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
betrachten Sie diese Schulmail als eine erste und Orientierung gebende Information. Es ist mir bewusst, dass sich mit der Aufnahme und der Beschulung der aus der Ukraine ankommenden Schülerinnen und Schüler weitere pädagogische, fachliche und organisatorische Herausforderungen stellen werden, die Sie in Ihren Schulen und wir als Schulaufsicht konzentriert und Schritt für Schritt bearbeiten werden. Die dafür nötigen Kommunikations- und Koordinierungsstrukturen innerhalb der Landesregierung sind in der vergangenen Woche geschaffen worden. Selbstverständlich werden wir Sie zu allen aufkommenden wichtigen Fragestellungen kontinuierlich weiter informieren und beraten, und Ihnen weitere Hilfestellungen an die Hand geben.
Die von uns gemeinsam zu bewältigende Herausforderung der schulischen Integration der geflüchteten Kinder und Jugendlichen erfordern neue und weitere Anstrengungen von Ihnen, in Zeiten, in denen Ihnen die Corona-Pandemie als Lehrkräfte, als Schulleitungen, als Schulträger, als Schulpsychologinnen und Schulpsychologen und als Schulaufsichtsbeamtinnen und -beamten nach wie vor viel abverlangt.
Gleichwohl weiß ich aus vielen Gesprächen der letzten Tage, dass Sie die beschriebenen Herausforderungen mit großem Engagement und innerem Antrieb im Interesse der Kinder und Jugendlichen angehen werden. Dabei ist es jetzt unser gemeinsames Ziel, Kindern und Jugendlichen, die akut ihre Heimat, ihre Schule, ihre Freundinnen und Freunde und oftmals Teile ihrer oder ihre gesamte Familie in der Ukraine zurücklassen mussten, zu helfen, zu unterstützen und ihnen in unseren Schulen einen guten und sicheren Ort anzubieten.
Für Ihr Verständnis und für Ihr besonderes Engagement in schwieriger Zeit möchte ich schon jetzt sehr herzlich danken!
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Richter
<<<<<<<<<< Ende der Schulmail des MSB NRW <<<<<<<<<<
Diese Nachricht wurde Ihnen im Auftrag des Ministeriums für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSB NRW) übermittelt.
Bei Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich an Ukraine[at]msb.nrw.de (Ukraine[at]msb[dot]nrw[dot]de)
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