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Demokratie leben lernen?! Warum, wofür, wann und wie? Schule als ein idealer Lern- und Lebensraum für Demokratie

Kinder und Jugendliche sitzen um einen runden Tisch und arbeiten mit Moderationskarten mit Begriffen aus dem gesellschaftspolitischen Bereich.

Demokratie leben lernen?!

Wie wollen wir leben? Kinder und Jugendliche an Fragen rund um Demokratie, Mitbestimmung und Politik heranzuführen, ist Aufgabe von Schule. Die Landeszentrale für Politische Bildung NRW unterstützt Lehrkräfte und Pädagoginnen und Pädagogen dabei.

[Schule NRW 01-23]

 

Demokratie leben durch Demokratiebildung – wenn dies gelingt, bedeutet das, entscheidenden Einfluss auf die Beantwortung der Frage zu nehmen, in was für einer Gesellschaft wir zukünftig leben wollen. Denn ob in der Kita, der Schule oder der Ausbildung, im Beruf oder in der Freizeit – Demokratie, ihre Werte und Prinzipien, aber auch Bestrebungen, die diesen entgegenstehen, begegnen den Menschen in Nordrhein-Westfalen in allen Lebensphasen und Sozialisationsbereichen. Demokratie fällt aber nicht vom Himmel. Sie ist nicht voraussetzungslos, wie schon der Soziologe Oskar Negt einmal sagte: „Demokratie ist die einzige Staatsform, die gelernt werden muss.“ (Negt, Oskar (2004): Politische Bildung ist die Befreiung der Menschen, in: Klaus-Peter Hufer, Kerstin Pohl, Imke Scheurich (Hg.), Positionen der politischen Bildung 2. Ein Interviewbuch zur außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung, S. 196-213, Schwalbach am Taunus/ Frankfurt am Main: Wochenschau Verlag.)

 

Demokratie leben durch Demokratie lernen

Dabei muss Demokratiebildung weit über die bloße Vermittlung von Wissen über Demokratie als Staatsform, Politik und Themen hinausgehen. Sie muss vor allem auch die Kompetenzen vermitteln, sich aktiv in politische Prozesse einbringen zu können. Sie muss so gestaltet sein, dass mündige Bürgerinnen und Bürger in einer vielfältigen Gesellschaft an ihr mitwirken und sie dadurch leben. Grundlegend für einen solchen Mitwirkungsprozess ist die Bindung an demokratische Werte und Prinzipien wie vor allem Menschenwürde, Freiheit, Solidarität und Minderheitenschutz, zum Beispiel aber auch die Einsicht in die Unverzichtbarkeit der Gewaltenteilung als Aufbaustruktur eines demokratischen Staates. Nicht weniger wichtig, ist die Entwicklung politischer Urteils- und Handlungsfähigkeit, um den eigenen Standpunkt zu finden, für ihn einzutreten und gleichzeitig die Positionen anderer nachzuvollziehen, zu respektieren und in Diskussionen und Konflikten tolerant und produktiv mit der anderen Meinung umzugehen. Dafür braucht es Kompetenzen, um sich selbst zu informieren, zu orientieren, politisch weiterzubilden. Denn die Demokratie lebt davon, dass Menschen sie gestalten, indem sie sich einmischen und aus eigener Überzeugung freiwillig im Sinne der Demokratie handeln. Das ist auch das handlungsleitende Motto der Landeszentrale für politische Bildung in Nordrhein-Westfalen: Demokratie ist Staatsform und Lebensform zugleich! Orientiert an den Themen und Interessen des Alltags der Menschen, wollen wir mit Demokratiebildung auf die Herausbildung dieser demokratischen Grundhaltung hinwirken.

 

Demokratiebildung als Grundlage unserer demokratischen Kultur

Schon Kinder und Jugendliche brauchen ein Wertesystem, um sich zu orientieren. Auch sie hinterfragen Regeln, testen Grenzen aus, schließen in Konflikten Kompromisse und kommen zu gemeinsamen Lösungen, nicht nur untereinander. Sie stellen auch allgemeine Lebensweisen und Regeln in Frage, die möglicherweise zulasten einzelner Gruppen oder ganzer Generationen gehen. Dass schon junge Menschen politisch und gesellschaftlich interessiert sind, zeigt unter anderem der Demokratiebericht des Landes Nordrhein-Westfalen, vor allem aber auch die gelebte Praxis: Ob „Fridays for Future“ oder „Black Lives Matter“, in beiden Bewegungen haben sich auch viele junge Menschen für politische Themen engagiert. Sie protestieren und demonstrieren für ihre Interessen und gleichberechtigte Teilhabe an der Gestaltung ihrer Zukunft und treiben so die Entwicklung unserer Gesellschaft voran. Sie haben, teils auch mit zugespitzter Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen, lange vor der aktuellen Energiekrise, den Klimawandel, ressourcenschonendes Wirtschaften, erneuerbare Energien und viele weitere Nachhaltigkeitsaspekte in den letzten Jahren zu einem großen Thema in der Politik gemacht. Das ist gelebte Demokratie. Dieses Interesse und Engagement gilt es zu unterstützen. Selbstwahrnehmung, Achtsamkeit, Selbstverantwortung, Selbstwirksamkeit, Selbstvertrauen, Partizipation und Teilhabe früh und in allen Beziehungen zu erfahren, zu erlernen und anzuwenden, stärkt jede und jeden Einzelnen. Und es stärkt die gemeinwohlorientierte demokratische Kultur unserer Gesellschaft. Die Demokratie wird widerstandsfähiger gegen antidemokratische, die Mitte radikalisieren wollende Tendenzen von rechts und von links, wenn alle Menschen, unabhängig ihrer Herkunft, Ethnie oder Kultur, die Möglichkeit zur Teilhabe haben und diese auch mit echtem Einfluss und dem Gefühl etwas bewirken zu können, einhergeht.

 

Demokratie und junge Menschen

Wie dringlich die Einbindung junger Menschen in die demokratischen Prozesse gerade jetzt ist, zeigt der Blick in Wissenschaft und Praxis: So zeigt die repräsentative Studie von infratest dimap im Auftrag der Vodafone-Stiftung aus dem Jahr 2022, dass sich gerade junge Menschen von der Politik häufig nicht angesprochen und nicht mitgenommen fühlen. Der Studie zufolge ist daher auch nur die Hälfte der Befragten mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden. Sogar drei Viertel der jungen Menschen sind der Meinung, dass die Demokratie, aufgrund ihrer langwierigen Prozesse, ihrer Schwerfälligkeit, aktuelle und zukünftige Herausforderungen nicht lösen kann.

Dieser Vertrauensverlust zeigte sich auch bei der Landtagswahl 2022. Insgesamt erreichte die Wahlbeteiligung mit nur 55,5 Prozent einen historischen Tiefststand. Bei den jungen Wählerinnen und Wählern war sie mit nur 40,7 Prozent noch einmal deutlich geringer und ging im Vergleich am deutlichsten zurück, wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt ermittelt hat.

 

Schule als Lebens- und Lernort für und mit Demokratie

Die Schulen als Orte, an denen Demokratie erlernt und gelebt werden kann, an denen Teilhabe und Partizipation eingeübt werden können, spielen umso mehr eine entscheidende Rolle. Sie sind der Ort, der alle jungen Menschen im Land erreichen kann. Sie können dazu beitragen, dass die Schülerinnen und Schüler zu aktiven Bürgerinnen und Bürgern werden, die am öffentlichen Leben teilnehmen und politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Fragestellungen beurteilen können. Mit politischer Bildung fördert die Schule bei jungen Menschen diese Kompetenzen und ermuntert sie, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte und gegen antidemokratische Bestrebungen einzutreten.

Darum ist es gut und wichtig, dass ein breites Verständnis von politischer Bildung und Demokratiebildung heute fester Bestandteil einer demokratischen Schulkultur ist. Engagierte Lehrerinnen und Lehrer fördern fächerübergreifend ein offenes Unterrichtsklima, das soziale Werte wie Toleranz, Kritikfähigkeit und Verantwortungsbereitschaft und politisch relevante Fachinhalte vermittelt. Die Demokratie zu leben wird gefördert, indem Schülerinnen und Schüler in ihren eigenen Lebenswelten Selbstwirksamkeit erfahren, Konfliktkompetenz erlernen und Grundwerte der Menschlichkeit in sich aufnehmen.

Demokratiebildung noch stärker im gesamten Schulbetrieb zu verankern und als Querschnittskompetenz zu vermitteln, ist auch ein Appell des ersten Demokratieberichtes des Landes Nordrhein-Westfalen: „Politische Bildung an Schulen ist dann erfolgreich, wenn sie im gesamten Fächerspektrum an allen Schularten und in der Schulkultur angemessene Beachtung findet und als Aufgabe von allen Beteiligten in Schule und Unterricht verstanden wird.“ Möglichkeiten, politische Bildung und Demokratiebildung in den Schulalltag einzubinden und das Demokratie-Erleben zu vermitteln, gibt es heute viele:

  • Schul- und Jugendparlamente als Planspiel oder echtes Gremium in Kooperationen mit der örtlichen Verwaltung, der Kommunalpolitik oder der Landeszentrale,
  • Schülerzeitungen, die das Erlernen auch digitaler Medienkompetenz stützen können,
  • Projekttage zu Demokratie oder aktuellen Themen wie Bildung für nachhaltige Entwicklung,
  • Fahrten zu Gedenkstätten und Erinnerungsorten im Sinne historisch-politischer Bildung,
  • landes-, bundes- und europaweite Wettbewerbe
  • und vieles mehr.

 

Demokratie leben konkret! – Angebote der Landeszentrale

Die Landeszentrale für politische Bildung macht dabei eine ganze Reihe von Angeboten, um Schulen und Lehrerinnen und Lehrer bei dieser wichtigen und herausfordernden Aufgabe zu unterstützen. Wir und unsere Partnerinnen und Partner, die zahlreichen Akteure in der vielfältigen Landschaft der politischen Bildung, freuen uns, wenn Sie auf uns zukommen. Wir arbeiten dabei teilweise auch direkt mit Schulen zusammen. Lassen Sie sich hier gerne inspirieren:

 

 

 

 

  • Demokratiebericht des Landes Nordrhein-Westfalen
    Schauen Sie hier gerne einmal rein. Es finden sich interessante Einsichten zur schulischen politischen Bildung, ihren Chancen, Herausforderungen und neuen Perspektiven.

 

  • Demokratiefähigkeit bilden
    Das Forschungsprojekt will Methoden entwickeln, Lehrende in Schulen darin zu unterstützen, Schülerinnen und Schülern eine partizipativ-kooperative und demokratiefördernde Lehr-Lern-Umgebung erlebbar zu machen. Hier erfahren Sie mehr!

 

  • Demokratiewerkstätten im Quartier
    Sie arbeiten in lokalen Kooperationen auch mit Schulen vor Ort und schaffen über Fragen, die für das eigene Leben, Arbeiten das Zusammenleben der Menschen von Bedeutung sind, einen individuellen Zugang zu Themen rund um Demokratie. Erfahren Sie hier mehr und finden ggf. auch Ideen für Ihre Arbeit!

 

 

Autorin: Verena-Fee Krüger, Landeszentrale für politische Bildung NRW