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Schülerinnen und Schüler stehen im Rahmen des Maulheld*innen-Festivals auf der Bühne.

Geschlechteraspekte in der kulturellen Bildung

Im Blickpunkt: Interview mit Vera Götte

Wie können geschlechtersensible Bildung und kulturelle Bildung zusammen wirken? Schule NRW war dazu im Gespräch mit Vera Götte von der Arbeitsstelle Kulturelle Bildung NRW.

[Schule NRW 02-25]

Kulturelle Bildung ermöglicht jungen Menschen, Kunst und Kultur kreativ zu entdecken, eigene Perspektiven zu entwickeln und sich kritisch mit der Welt auseinanderzusetzen. Sie fördert persönliche Entfaltung, gesellschaftliche Teilhabe und soziale Kompetenzen. Durch Kunstformen wie Literatur, Musik oder Theater erleben Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeit, stärken demokratische Werte und gestalten aktiv die Zukunft mit. Geschlechtersensible Bildung ist dabei ein wichtiger Aspekt, um alle Jugendlichen unabhängig von Geschlechterrollen zu stärken, ihnen gleiche Chancen zu bieten und gleichstellungsorientierte Kompetenzen und Haltungen zu fördern. In einer sich wandelnden Gesellschaft ist geschlechtersensible kulturelle Bildung ein Schlüssel für Integration, Respekt und kreatives Miteinander. 

Schule NRW war dazu im Gespräch mit Vera Götte, die sich als stellvertretende Leitung der Arbeitsstelle Kulturelle Bildung NRW mit diesem Thema beschäftigt. 

 

Vera Götte ist stellvertretende Leiterin der Arbeitsstelle Kulturelle Bildung NRW.

Inwiefern spielen Geschlechteraspekte bei kultureller Bildung eine Rolle?

Künstlerische Ausdrucksformen, Medien und Kunstwerke sind oft von geschlechterspezifischen Erwartungen und Rollenbildern beeinflusst. In der kulturellen Bildung kann thematisiert werden, wie diese Rollenbilder entstehen und welche Auswirkungen sie auf das individuelle Selbstverständnis und die Identitätsfindung haben. Durch den bewussten Umgang mit Genderaspekten können stereotype Geschlechterrollen hinterfragt und kritisch reflektiert werden. In vielen Kunstformen – von Literatur und Theater bis zur Bildenden Kunst – spiegeln sich gesellschaftliche Vorstellungen von Geschlecht wider. Die Auseinandersetzung mit diesen Themen in der kulturellen Bildung bietet die Möglichkeit, neue und vielfältige Identitätsmodelle kennenzulernen und zu diskutieren.

 

Sie haben gerade das Hinterfragen und kritische Reflektieren von stereotypen Geschlechterrollen angesprochen. Wie kann kulturelle Bildung dazu beitragen, Geschlechterstereotype aufzubrechen?

Kulturelle Bildung kann insofern dazu beitragen, dass Zugänge zu Tanz, Malerei, Theater und Musik unabhängig von Geschlechterzuschreibungen gestaltet werden. Gleichzeitig werden gesellschaftliche Strukturen sowie Zusammenhänge und die dahinterliegenden Gründe der Aufrechterhaltung von geschlechtsbezogenen Stereotypen sichtbar.

Wenn kulturelle Bildung bewusst darauf abzielt, Geschlechtergerechtigkeit zu fördern, kann sie eine offene, gleichberechtigte Sichtweise auf Geschlecht und Identität stärken.

Darüber hinaus stärkt kulturelle Bildung Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, was gerade für Personen wichtig ist, die sich in ihrer geschlechtlichen Identität nicht in konventionellen Kategorien wiederfinden. Dadurch wird der Raum geschaffen, Stereotype zu hinterfragen und neue Perspektiven zu entwickeln.

 

Konkret mit dem Blick auf Schule gefragt: Wie können Lehrkräfte kulturelle Bildung und Genderaspekte verbinden? 

Zum Beispiel, indem sie Materialien und Lehrinhalte gezielt auswählen, die verschiedene Geschlechterperspektiven berücksichtigen. Lehrkräfte können bewusst Werke von Kunstschaffenden unterschiedlicher Geschlechter und Hintergründe einbeziehen und besprechen, wie diese ihre eigene Identität künstlerisch ausgedrückt haben. So sehen die Lernenden vielfältige Identitätsmodelle. Auch können stereotype Rollenbilder in Theaterstücken diskutiert und umgeschrieben werden. In Projekten können Kinder und Jugendliche ihre eigenen Vorstellungen von Geschlecht, Identität und Stereotypen künstlerisch ausdrücken, etwa in Form von Collagen, Theaterstücken oder Kurzfilmen, die diese Themen reflektieren. Durch die Analyse von Medien und Werbung, Filmen, Musik oder Literatur, die geschlechterspezifische Stereotype darstellen, können Lehrkräfte mit den jungen Menschen über deren Einfluss auf das Selbstbild und gesellschaftliche Wahrnehmungen diskutieren. 

Lehrkräfte können ermutigen, dass alle Heranwachsenden – unabhängig von ihrem Geschlecht – Zugang zu allen Formen der kulturellen und künstlerischen Gestaltung haben, sodass Gender keine Einschränkung für den kreativen Ausdruck darstellt. Hierbei kann es bei einzelnen Themen sinnvoll sein, in geschlechtsspezifischen Projektgruppen zu arbeiten, um einen relativ geschützten Ort für alle Lernenden zu ermöglichen diese Themen zu bearbeiten und Diskriminierungen entgegenzuwirken.  

Frau Götte, vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte das Gleichstellungsreferat im Ministerium für Schule und Bildung NRW.

 

 

Arbeitsstelle Kulturelle Bildung NRW

Die Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“ ist eine gemeinsame Einrichtung des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW, des Ministeriums für Schule und Bildung NRW, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW sowie der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW. Die Arbeitsstelle berät, begleitet und unterstützt Schulen bei der Kooperation mit Kulturpartnern, der Erweiterung ihres kulturellen Angebots sowie der Entwicklung eines kulturellen Schulprofils. 

Unterstützungsangebote: Geschlechtergerechtigkeit

QUA-LiS-Internetportal „Geschlechtersensible Bildung in der Schule“ 

Dieses Online-Angebot bündelt Angebote, Informationen und Materialien zu geschlechtersensibler Bildung und Erziehung in der Schule. Neben Grundlagen und allgemeinen Informationen gibt es auch Impulse zur Gestaltung von geschlechtersensiblem Unterricht und zu Geschlechteraspekten in weiteren schulischen Handlungsfeldern.

Weitere Informationen unter: https://www.schulentwicklung.nrw.de/q/gendersensible-bildung

 

Programm „Schule der Vielfalt“ in Nordrhein-Westfalen

Schule der Vielfalt ist ein inklusives Antidiskriminierungsprogramm und Schulnetzwerk zur Förderung von Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt im Schulwesen. Unter anderem durch Projektschulen, Beratung und Vernetzung, Kooperationen im Bereich der Lehrkräfteaus- und -fortbildung sowie Veranstaltungen leistet es einen wichtigen Beitrag gegen Ausgrenzung und für ein respektvolles und demokratisches Miteinander. Neben der NRW-Fachberatungsstelle für Schule der Vielfalt, die Schulen im Kontext von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt berät, gibt es in den fünf Bezirksregierungen Bezirkskoordinationen, die Schulen auf dem Weg ins Netzwerk unterstützen.

Weitere Informationen unter: www.schule-der-vielfalt.de