Logo Bildungsland NRW - Bildungsportal
Zwei Schülerinnen im kreativen Distanzunterricht

Kulturelle Bildung: Mit Kreativität aus der Krise

In Wechselmodellen und Distanzunterricht lernen und arbeiten Schülerinnen und Schüler in hohem Maße digital. Gerade in dieser Situation kann die Kulturelle Bildung neu ansetzen und über innovative Lernmodelle wichtige Erfahrungen und Möglichkeiten des Unterrichtens schaffen: Kreative Formate unterstützen Lehrerinnen und Lehrer dabei, neue Wege in der digitalen Vermittlung des Unterrichtsstoffes zu gehen. Auch Kinder und Jugendliche können so ihren Lernprozess anders erleben.

[Schule NRW 04-21]

Mehr als ein Jahr beeinflussen die Corona-Pandemie und ihre Folgen, wie den ersten und zweiten Lockdown, das Leben und Lernen in der Schule grundlegend. Die Pandemie hat den Unterricht verändert. Das gilt auch für Angebote kultureller Bildung in Schulen in besonderer Weise. Lehrerinnen und Lehrer waren und sind noch immer damit konfrontiert, ihren Unterricht auf neuen Wegen zu gestalten. Ganztagsangebote und Kooperationen mit außerschulischen Partnern konnten nicht oder nur im sehr eingeschränkten Maße und unter Hygieneauflagen stattfinden. Kultureinrichtungen blieben geschlossen oder konnten nur unter strengen Auflagen Zugang ermöglichen.

Was bedeutet das für die Arbeit der Schulen, den Unterricht und die kulturelle Bildung?

Digitale Vermittlungsformate haben hohe Priorität erlangt und etliche, neue alternative Lern- und Unterrichtsformate hervorgebracht. Die zunehmende Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten und Chancen, die in unterschiedlichen Vermittlungsformaten Ausdruck findet:  Hierzu zählen beispielsweise digitale Lernspiele, Erklär-Filme in Stop-Motion-Technik, Hörspiele und digitale Escape-Rooms.

Wichtige Anregungen für die Gestaltung und Vermittlung digitaler Lerngelegenheiten kommen auch aus der Kunst und der Kultur. Denn es ist gerade der Weg der künstlerischen Auseinandersetzung, der die besonderen Herausforderungen des Digitalen mit einer alle Sinne ansprechende Ganzheitlichkeit annimmt. Kinder und Jugendliche zu aktiven Gestalterinnen und Gestaltern ihrer eigenen Lernprozesse zu machen, lag nie näher als in diesen Tagen.

Die Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“ trägt durch ihre Angebote und die Unterstützung einer Vernetzungsstruktur dazu bei, Kindern und Jugendlichen über die Kultur eine Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit sich und der Welt zu geben. Die Arbeitsstelle Kulturelle Bildung NRW ist die zentrale Unterstützungsstruktur des Landes für kulturelle Bildung. Die Arbeitsstelle mit Sitz in Remscheid wird gemeinsam gefördert vom Ministerium für Schule und Bildung, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft und dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie berät und vernetzt Einrichtungen aus dem Bereich Schule, Jugend und Kultur und unterstützt Kommunen und Kreise bei der Entwicklung kultureller Gesamtkonzepte.

Die Arbeitsstelle hat in diesem Jahr ihr Angebot für Lehrkräfte um digitale Fachtage und Workshops im Kleinformat erweitert. In Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern aus den Bereichen Theater, Tanz, Performance, Film, digitale Medien, bildende Kunst und Literatur entstand so ein großes Angebot, das Lehrkräfte dabei unterstützt, durch künstlerische Arbeitsweisen -auch auf digitalem Weg- die Lernwege für Schülerinnen und Schüler vielfältig und ganzheitlich zu gestalten.

Beim Fachtag Schultheater NRW 2021 „Es muss nicht immer Bühne sein: Variationen des Schultheaters“ erprobten Kunstschaffende mit den Teilnehmenden Möglichkeiten, die aktuellen Abstandsregeln mit theatralen, filmischen und tänzerischen Elementen für Schultheater nutzbar zu machen.

Die Workshops zur Praxis von Audiowalks und urbanen Interventionen weiteten den Teilnehmenden den Blick dafür, dass Schultheater auch außerhalb des Schulgebäudes einen angemessenen Ort finden kann. Gerade die urbane Intervention nutzt den künstlerisch-forschenden Blick, um z.B. die eigene Umgebung oder gesellschaftliche Regeln kritisch zu hinterfragen. Dies kann auch im Unterricht nutzbar gemacht werden. Es kann Räume öffnen, Schülerinnen und Schüler ihren Stadtteil, ihre Nachbarschaft in Verknüpfung mit unterrichtlichen Inhalten zu erforschen und zu gestalten. Wie das wiederum filmisch dokumentiert und dann wieder in den digitalen Unterrichtsraum zurückgeführt werden kann, ist für Schülerinnen und Schüler durch ihren alltäglichen Umgang mit dem Smartphone gut bekannt, hier können somit auch neue Lerngemeinschaften zwischen Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften entstehen. Weitere Unterstützung bieten außerdem auch die Kulturinstitutionen selbst an, die mit der Entwicklung digitaler Apps Möglichkeiten entwickelt haben, trotz Schließung Museen zu besuchen. Dass sogar Tanz als Vermittlungsweg für geometrische Figuren in den eigenen vier Wänden zu einem ästhetischen und sozialen Ereignis werden kann, wurde von den teilnehmenden Lehrkräften mit großem Einsatz erforscht.

In den Angeboten der Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung NRW“ wurde ein weiterer Mehrwert digitaler Formate sichtbar: Durch den Wegfall von Anfahrtswegen ist es weit weniger aufwendig, über große Distanzen hinweg einen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus städtischen und ländlichen Regionen, aus den verschiedenen Schulformen und Standorten zu ermöglichen. 

Kulturagenten musizieren digital

Dies zeigte auch die digitale Themenwoche des Landesprogrammes „Kulturagenten für kreative Schulen NRW“ im März 2021. An vier Tagen trafen sich im digitalen Raum Lehrerinnen und Lehrer, die in ihren Schulen kulturelle Schulentwicklung stärken oder weiter entwickeln wollen. Um die Möglichkeiten zur Teilnahme zu erleichtern, konnten Interessierte aus neun verschiedenen Angeboten im Tagesverlauf auswählen, da der Veranstaltungsverlauf ähnlich einem Stundenplan in neunzigminütigen Gesprächsrunden und Workshops angelegt war. Inhaltlich folgte das Programm dem roten Faden von den ersten Schritten zur kulturellen Profilbildung an einer Schule, zur kulturellen Unterrichtsentwicklung hin zu Beispielen alternativer Unterrichts- und Projektformaten. Die Rückmeldungen der Teilnehmenden machten deutlich, dass sie im Rahmen der Angebote einen wertvollen Austausch und einen ermutigenden und inspirierenden Perspektivwechsel erleben konnten.

Neben einzelnen Ganztagesveranstaltungen bietet außerdem derzeit das Programm „Kreativpotentiale entfalten NRW“ noch bis zum Ende des Schuljahres einmal wöchentlich neunzigminütige Schnupper-Workshops an. Das Format „machBAR am Mittwoch“ eröffnet Lehrerinnen und Lehrern aller Schulformen die Gelegenheit, künstlerische Arbeitsweisen kennen zu lernen. Praxisnahe, schnell umsetzbare Beispiele schaffen hier im kleinen Kreis von maximal zwanzig Teilnehmenden trotz digitaler Vermittlung eine angenehme Lernatmosphäre und Gelegenheiten zum Austausch.

Wer nach einem vertiefenden, prozesshaften Angebot sucht, findet dies ebenfalls in der Reihe „machBAR – digitale Praxisworkshops“. In sechs aufeinander aufbauenden, dreistündigen Veranstaltungen erproben die Teilnehmenden künstlerische Methoden, zum Beispiel aus der Theaterpädagogik buchstäblich „am eigenen Leib“. Exemplarisch seien hier biographische Inszenierungsansätze, die Interpretation einer Figur oder das Nachempfinden von gesellschaftlichen Zwängen durch die Imagination während der körperlichen Darstellung genannt. Teilnehmende können den digitalen Raum der Videokonferenz als fehlerfreundlichen Schutzraum zur Übung erkennen und nutzen, der durch das Abstellen von Mikrofon und/ oder Kamera von jetzt auf gleich geöffnet oder geschlossen werden kann.

Die Fähigkeit zur Kreativität und der Mut zum Experiment haben in der derzeitigen Krise zu vielen positiven Impulsen für die Gestaltung von Lernprozessen geführt. Viele Schulen haben Wege gesucht und gefunden, kultureller Bildung auch in Zeiten körperlicher Distanz und weitreichender Einschränkungen Raum zu geben. Kulturelle Bildung hat das Potenzial, gerade jetzt Zugänge zur Bewältigung der schwierigen Erfahrungen zu eröffnen und andere Sichtweisen oder Ansichten zu ermöglichen.

 

Simone Hoberg, Projekt „Kulturagenten für kreative Schulen NRW“/Arbeitsstelle Kulturelle Bildung NRW

Links

Die einzelnen Angebote des Formats „machBAR am Mittwoch“ finden Sie unter dem Kürzel MM auf der Programm-Webseite von „Kreativpotentiale entfalten NRW“ gelistet.

Die einzelnen Angebote des Formats „machBAR – digitale Praxisworkshops“ finden Sie unter dem Kürzel W auf der Programm-Webseite von „Kreativpotentiale entfalten NRW“ gelistet.