Nachgefragt - Der MSB-Podcast - Folge 2: Schwangere Lehrerinnen
Schwangere Lehrerinnen - Nachgefragt - Podcast Folge 2 Im Gespräch: Oliver Bals, Abteilungsleiter 2, Personal Schulbereich, Dienst- und Schulrecht
Wenn Lehrerinnen schwanger sind, müssen einige rechtliche Rahmungen seitens der Schulleitung, aber auch seitens der schwangeren Lehrerin, beachtet werden. Der Leiter der Abteilung 2, Oliver Bals, klärt in dieser Folge über die Anwendung der Regelungen zum Einsatz von schwangeren Lehrerinnen in Schule auf.
Podcast Folge 2 „Schwangere Lehrerinnen“ aufgezeichnet am 6. Feb. 2024 im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Ralf Dolgner: Herzlich Willkommen zu Nachgefragt im MSB, dem Podcast aus dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit diesem Format wollen wir Lehrkräfte, Schulleitungen und auch Schulaufsicht in NRW zu Themen informieren, die sie in ihrem Alltag bewegen. Das können Themen aus dem Schulgesetz sein, aus Erlassen oder Verwaltungsvorschriften, aber auch andere rechtliche Gegebenheiten, die in Schule wirken. Die wollen wir hier besprechen, und ich bin Ralf Dolgner aus dem Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Amtsblatt und BASS und bei mir ist Herr Oliver Bals, er leitet die Abteilung 2 hier im Ministerium, dort geht es um alles Rechtliche. Guten Tag, Herr Bals.
Oliver Bals: Guten Tag Herr Dolgner.
Ralf Dolgner: Kurz mal zur Einordnung, welche Rechtsgebiete in ihrer Abteilung werden da behandelt?
Oliver Bals: Das sind schulgesetzliche Bestimmungen, Ausbildungs- und Prüfungsordnungen. Es geht um Fragen der Schulfinanzierung, Ersatzschulrecht, aber auch, das ist sozusagen die zweite Säule das Dienstrecht für Beamtinnen und Beamte, Tarifbeschäftigte, Fragen des Laufbahnrechts, der Besoldung, der Entgeltzuordnung und auch das Landespersonalvertretungsgesetzes.
Ralf Dolgner: Ja, und über das wollen wir heute mal reden. Es geht um einen Fragenkomplex, bei dem viele vermuten, es gebe sehr viele Möglichkeiten der Beantwortung. Aber ich stelle die Frage mal: Kann eine schwangere Lehrerin unterrichten, wenn an deren Schule positive Corona-Fälle gemeldet wurden? Das ist so eine Frage, mit denen wir uns in den nächsten Minuten beschäftigen wollen. Und der Einsatz von schwangeren Lehrerinnen an unseren Schulen ist ja ein häufig wiederkehrendes Thema, gerade auch in Beratungsgesprächen bei den Bezirksregierungen oder beim arbeitsmedizinischen Dienst, der BAD GmbH. Herr Bals, da gibt es viele Aspekte bei dieser Fragestellung. Schichten wir das mal ab. Was sollte bzw. muss eine schwangere Lehrerin machen, wenn die Schwangerschaft nun festgestellt wurde?
Oliver Bals: Ja, sie muss oder sollte frühzeitig ihre Schwangerschaft anzeigen, das heißt die Schulleitung darüber informieren. Die Informationen kann durch eine Bescheinigung des Arztes oder einer Hebamme über den errechneten Geburtstermin erfolgen. Sie kann aber auch über eine Fotokopie des Mutterpasses erfolgen. Wichtig ist in dem Zusammenhang: Das betrifft nicht nur Lehrkräfte, die an der Schule in diesem Moment aktiv unterwegs sind, sondern das betrifft auch Lehrkräfte, die zum Beispiel beurlaubt sind, die auch sonstigen Gründen freigestellt sind. Also auch in diesen Fällen gilt, dass die Schulleitung darüber zu informieren ist. Die Schulleitung ihrerseits informiert die zuständige Schulaufsicht, das ist entweder das Schulamt oder die Bezirksregierung. Die Schwangere selbst vereinbart dann einen Termin beim betriebsärztlichen Dienst. Das Ergebnis dieses Termins ist später für die Gefährdungsbeurteilung relevant.
Ralf Dolgner: Auf die Gefährdungsbeurteilung kommen wir gleich noch drauf. Aber jetzt noch mal zu dem Umstand: Eine Lehrerin hat jetzt Kenntnis davon, dass sie schwanger ist. Ist sie denn verpflichtet, sofort wenn sie es weiß ihre Schulleitung zu informieren?
Oliver Bals: Also, rechtlich ist es so, dass die Schwangere selbst darüber entscheidet, aber man muss natürlich sagen, dass es sich empfiehlt, möglichst frühzeitig darüber zu informieren, denn nur wer sich meldet, der kann davon ausgehen, dass er dann auch anschließend unter die entsprechenden schutzrechtlichen Vorschriften nach dem Mutterschutzgesetz gestellt werden kann.
Ralf Dolgner: Was muss dann eine Schulleitung veranlassen, wenn eine Lehrkraft ihre Schwangerschaft mitgeteilt hat?
Oliver Bals: Ja, das ist eine ganze Menge, denn die Schulleitung ist für den Arbeits- und Gesundheitsschutz an der Schule verantwortlich. Sie beurteilt deshalb auch die mutterschutzrechtlichen Bedingungen. Die Arbeitsbedingungen legen die Umsetzung der erforderlichen Schutzmaßnahmen fest. Wenn ich das mal chronologisch ablaufen lassen darf: Zunächst mal teilt sie natürlich der Schulaufsicht, also der Bezirksregierung oder dem Schulamt die Schwangerschaft mit. Dann spricht sie ein vorläufiges Kontaktverbot für den beruflichen Umgang mit Kindern für die Phase aus, wo der Status der Lehrerin eben noch nicht geklärt ist. Das kann natürlich bedeuten, dass auch weiterhin andere Tätigkeiten, die jetzt nicht unmittelbar mit zum Kontakt mit Kindern führen, nachgegangen werden kann, also Unterrichtsvorbereitung, Elternabende, Fernunterricht, Korrekturen, all das kann natürlich in dieser Zeit wahrgenommen werden. Ja, die Schulleitung prüft im Rahmen der. Gefährdungsbeurteilung nach Mutterschutzgesetz, welche relevanten Gefährdungsfaktoren bei der Beschäftigung der Schwangeren vorliegen. Sie achtet darauf, dass sie nicht mit Arbeiten beauftragt wird, die das Leben oder die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden können. In der Gefährdungsbeurteilung beurteilt die Schulleitung die Arbeitsbedingungen jeder Tätigkeit, die die Schwangere wahrnimmt, auf mögliche Gefährdungen. Im Hinblick auf Infektionsgefährdung ist der Schulleitung zu empfehlen, die arbeitsmedizinische Empfehlung des betriebsärztlichen Dienstes zu berücksichtigen. Diese spiegelt das Ergebnis des Untersuchungs- und Beratungstermins wider. So, und anschließend geht es um die Frage der Festsetzung und Umsetzung von erforderlichen Schutzmaßnahmen. Diese werden im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung vorgenommen. Werden Gefährdungen festgestellt, so sind Schutzmaßnahmen anhand einer nach dem Mutterschutzgesetz verpflichtenden Rangfolge festzusetzen. Dazu gehört unter Umständen ein betriebliches Beschäftigungsverbot durch die Schulleitung, wenn, das jetzt ganz entscheidend, eine festgestellte Gefährdung nach umfassender Prüfung nicht durch andere Schutzmaßnahmen beseitigt werden kann. Oftmals wird behauptet, die BAD erteile dieses Beschäftigungsverbot. Rechtlich und auch tatsächlich ist es so, dass die Schulleitung dies aus eigener Verantwortung macht. Ja, natürlich ist das Ganze zu dokumentieren. Auch das ergibt sich aus dem Mutterschutzgesetz. Die Schwangere ist über das Ergebnis zu informieren. Ihr ist ein entsprechendes Gesprächsangebot zu unterbreiten. Und natürlich, das ist ganz wichtig, die Schulleitung ist nicht allein. Sie kann zu jedem Zeitpunkt des Prozesses Kontakt zum betriebsärztlichen Dienst aufnehmen.
Ralf Dolgner: Gut, ein vorläufiges Kontaktverbot haben wir jetzt geklärt. Das bedeutet, dass man dann ja im Grunde genommen auf eine Gefährdungsbeurteilung und Einbeziehung der BAD GmbH wartet. So, wenn das denn eintritt und wie gesagt, es tritt in der Schule ein Infektionsfall auf in dieser Klasse der Lehrerin, muss diese schwangere Lehrerin also sofort vom Präsenzunterricht befreit werden?
Oliver Bals: Die Antwort dieses relativ eindeutig. Nein, eine pauschale Annahme eines erforderlichen Beschäftigungsverbotes bei einem auftretenden Corona-Infektionsfall ist nicht gerechtfertigt nach dem Mutterschutzgesetz, denn ich habe es ja ausgeführt: Ausgangspunkt ist immer die individuelle Gefährdungsbeurteilung, die kann zu einem Beschäftigungsverbot führen. Sie muss es aber nicht und das ist ganz wichtig. Entscheidend ist die Bewertung der persönlichen Umstände bei der schwangeren Frau einerseits aber auch der Arbeitsplatz. Und hier wiederum die Frage, ob die Schwangere zum Beispiel mit Schülerinnen und Schülern der gleichen Klasse bzw. der Lerngruppe der infizierten Personen in Kontakt stand, in unmittelbaren Kontakt stand. Und das haben wir als Haus erst kürzlich in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium auch durch einen entsprechenden Runderlass klargestellt.
Ralf Dolgner: Okay das war eine sehr lange Antwort. Trotzdem noch mal nachgefragt: Ist es denn egal ob er sich, wir haben ja eingangs gesagt Corona, ob er sich hier um Corona handelt oder auch um andere Infektionskrankheiten?
Oliver Bals: Das was ich gerade sage gilt prinzipiell auch für Infektionskrankheiten, die ja für eine Schwangerschaft relevant sein können. Das ist natürlich nicht bei einer Erkältung der Fall.
Ralf Dolgner: Okay, so jetzt sagt die schwangere Lehrerin: Mensch, bis zu den Sommerferien bin ich dann im siebten Monat, aber da möchte ich meine Klasse noch unbedingt weiter unterrichten trotz eines Corona-Falls. Sie sagt auch, ich unterschreibe alles was ihr wollt. Ich möchte das gerne tun. Wie sollte man sich da verhalten als Schulleitung?
Oliver Bals: Ja, das ist eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird, aber die Antwort ist sehr eindeutig. Wenn ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen worden ist, dann gilt dies und dann ist die die schwangere Lehrkraft sozusagen nicht in der Lage das auszusetzen oder durch eigenes Handeln irgendwie zu konterkarieren. Das heißt sie ist daran gebunden und sie muss dies beachten. Auch wenn sie vielleicht innerlich sagt, ich würde gerne weiter unterrichten.
Ralf Dolgner: Ist es denn bei all dem wichtig, ob jemand, also die Schwangere gegen Corona geimpft ist?
Oliver Bals: Diese Frage wird uns auch immer wieder gestellt. Ja, es ist natürlich schon wichtig, wie ist sozusagen der Status? Das wird aber alles im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt und natürlich beschäftigen sich damit die Fachleute bei der BAD und das fließt alles ein in die Empfehlung des betriebsärztlichen Dienstes.
Ralf Dolgner: Das heißt für die Lehrerin also, sie darf nicht in der Klasse auftreten. Darf sie denn zu Hause für Tätigkeiten eingesetzt werden, meinetwegen Schulprojekte im Homeoffice organisieren oder sogar in Schule vielleicht im Lehrerzimmer arbeiten? Ist das möglich?
Oliver Bals: Ja, das ist natürlich möglich und das ist auch gängige Praxis, und ich glaube, Schulleitungen und Lehrerinnen finden da sicherlich einen guten Weg. Entscheidend ist immer, dass es sich um einen adäquaten alternativen Arbeitsplatz handelt, wo die Schwangere eben nicht gefährdet ist. Die Umsetzung, so heißt es, muss der Schwangeren zumutbar sein. All das ist zu berücksichtigen, aber ich glaube da werden gute Wege gefunden und das hat auch in der Vergangenheit eigentlich immer gut funktioniert.
Ralf Dolgner: Ich denke wir haben alles umrissen alles noch mal verschärft, also ausgeschärft, sagen wir mal so. Lieber Herr Bals, vielen Dank für Ihre Zeit. Wir konnten heute, glaube ich, Eigenes besprechen. Aber sicher nicht alles. Wen spreche ich denn am besten an, wenn meine Frage hier noch nicht beantwortet wurde? Oder wenn ich als Schulleiter kurzfristig auf eine Lehrerin verzichten muss und dringend Ersatz benötige, was mache ich dann ja?
Oliver Bals: Ja, das will ich in der Weise beantworten, dass für Lehrerin gilt. Die Schulleitung sowie die Ansprechperson bei der BRD sind natürlich zu kontaktieren und werden auch kontaktiert und die
Damen und Herren nehmen sich dann auch die Zeit dafür, das ist selbstverständlich. Für Schulleiterinnen und Schulleiter empfehle ich immer die Einbeziehung der Schulaufsicht. Entweder das Schulamt oder die Bezirksregierung. Das richtet sich nach der jeweiligen Schulform und natürlich steht auch hier die BAD mit Rat und Tat zur Seite. Die Kolleginnen und Kollegen der zuständigen Schulaufsicht sind natürlich auch Ansprechpersonen für alle personalrechtlichen und haushalterischen Fragen, die sich in Folge eines Beschäftigungsverbotes an der Schule stellen können.
Ralf Dolgner: Ich fasse zum Schluss mal zusammen. Es ist natürlich wichtig für Schule das Unterricht stattfindet. Ist aber natürlich genauso wichtig für eine schwangere Frau, dass sie das Leib und Leben von Kind und Mutter natürlich im Vordergrund stehen. Das glaube ich haben wir ganz gut zueinander gekriegt. Sie haben es, glaube ich, ganz gut erklärt. Daher danke für ihre Zeit für diesen Podcast und zu einem anderen Thema zu einer anderen Zeit werden wir uns dann hier wieder hören.
Oliver Bals: Ja, herzlichen Dank auch von meiner Seite.
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