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Praxiseinblicke in Angebote von Familiengrundschulzentren in Bottrop

Eine Gruppe von Kindern sitzt draußen an einem Tisch und malt.

Praxiseinblicke in Angebote von Familiengrundschulzentren in Bottrop

Vier Familiengrundschulzentren setzen in Bottrop Angebote für und mit Familien aus dem Quartier um. Wie sieht ihre Arbeit aus? Wir werfen einen Blick auf zwei Projekte.

[Schule NRW 10-23]

Auf dem Logo der Familiengrundschulzentren Bottrop sieht man ein buntes "fröhliches" Haus.

In Bottrop gibt es seit August 2021 vier Familiengrundschulzentren (FGZ) in Förderung des Ministeriums für Schule und Bildung, die ein am Sozialraum orientiertes Angebot für und mit Familien aus dem Quartier umsetzen und einen niedrigschwelligen Zugang zu Unterstützungsleistungen für Familien sowohl in der Schule als auch außerschulisch ermöglichen. In den zwei Jahren Laufzeit wurden bereits verschiedene Angebotsformate erprobt. Die FGZ-Leitungen eruieren sowohl durch den persönlichen Kontakt als auch anhand von Bedarfsabfragen die Wünsche und Bedarfe ihrer Zielgruppen immer wieder neu und konzipieren auf dieser Grundlage ihre Angebote. Gerade zu Schuljahresbeginn ist es wichtig, das FGZ und dessen Angebote sichtbar zu machen, mit den Familien in Kontakt zu kommen und eine tragfähige Beziehung aufzubauen.

Wie das geschehen kann, zeigen die beiden folgenden Praxisbeispiele aus Bottrop.

Praxisbeispiel 1: “Ameisen an der Rheinbabenschule“

Das Familiengrundschulzentrum Rheinbabenschule in Bottrop hat sich mittlerweile im Stadtteil fest etabliert. Die FGZ-Leitung Norma Sandmann hat in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dass gemeinsame Eltern-Kind-Erlebnisse insbesondere nach den Sommerferien einen abwechslungsreichen Einstieg in den Alltag bieten. Um ungezwungen und niedrigschwellig in Kontakt zu kommen, bietet sich daher an, gemeinsam etwas zu gestalten, zu bauen oder zu erleben. Zu Beginn dieses Schuljahres wurden die Familien daher zum „Ameisenworkshop“ in den Wald eingeladen. Wie diese Idee zustande kam und das Angebot aufgenommen wurde, hat Frau Sandmann in einem Interview geschildert.

 

Welche Bedarfe haben Sie erkannt und dazu angeregt, einen Ameisenworkshop anzubieten?

„Wir haben schon mehrfach mit den Forstwirtinnen und Forstwirten (Rangern) des Regionalverbands Ruhr zusammengearbeitet – was jedes Mal ein Highlight war. Bislang haben die Workshops in unserer Schule stattgefunden, um die Verknüpfung Familie/FGZ/Ganztag herzustellen und die Bindung zu stärken. Wir haben gemeinsam zum Beispiel Nistkästen gebaut, die unsere Familien mit nach Hause nehmen konnten, oder Vogelhäuschen für den Schulgarten zusammengeschraubt und bemalt, so dass ein kindgerechter Theorieteil, ein Praxisteil, und das Aufhängen der Vogelhäuser zu einem ganzheitlichen Projekt wurden. Der Wunsch nach weiteren aktiven Treffen und Angeboten wurde größer, so dass ich gemeinsam mit den Verantwortlichen ein kleines Programm mit Workshops erarbeitet habe, die diese Bedarfe aufgreifen und auch den Bezug zum Unterrichtherstellen. Vor den Sommerferien hat die ganze Schulgemeinschaft tatkräftig dabei unterstützt, den Schulgarten und Entdeckerpfad mitzugestalten. Insgesamt passten die Ameisen und ihr Wirken prima in diesen Kontext.“

 

Wie viele Familien wurden erreicht?

„Der Ameisenworkshop war für maximal 20 Teilnehmende ausgelegt, diese Teilnehmendenzahl wurde auch schnell erreicht. Bei den Aktionen ist die Teilnahme der Geschwisterkinder immer explizit gewünscht, um die ganze Familie anzusprechen – sofern das Angebot zum Entwicklungsstand des Kindes passt und Interesse besteht. Die Kinder sind entsprechend altersmäßig durchmischt.

Ein Gelingensfaktor dafür, ob ein Angebot angenommen wird, ist definitiv die Uhrzeit – also wann eine Aktion stattfindet. Für den Ameisenworkshop haben wir einen Nachmittag von 14.00 bis 16.00 Uhr gewählt, so dass nach der Schule genug Zeit für ein Mittagessen und die Anfahrt blieb. Die OGS-Kinder konnten ebenfalls bei Interesse an diesem Angebot teilnehmen., Treffpunkt unserer Aktion war die Basisstation/Biologische Station der RVR-Ranger in Dorsten; dort starteten wir, um in den Wald zu gehen.“

 

Welche Zielsetzung wurde verfolgt und wie lief die Umsetzung?

„Das Angebot hatte zum Ziel, dass der Lebensraum Wald zu einem Erlebnisraum wird und die Aspekte Natur-, Tier- und Artenschutz miteinander verknüpft.

Der außerschulische Lernort bietet den Kindern im Sinne eines erweiterten Bildungsverständnisses einen ganzheitlichen und individuellen Zugang.

Für mich war es schön zu beobachten, wie die Kinder mit ihren Eltern gemeinsam in entspannter und ausgelassener Atmosphäre den Wald erkundet haben. Gleichzeitig hat sich darüber eine großartige Gelegenheit geboten, um mit den Familien ins Gespräch zu kommen und mehr über ihre Lebenswelt, Wünsche und Bedarfe zu erfahren und eine Beziehung aufzubauen.

Das Feedback war durchweg positiv und ich bin mir sicher, dass wir auch in Zukunft solche Formate anbieten werden.“

 

Das Interview führte Iris Solmaz, Institut für soziale Arbeit e.V.

Praxisbeispiel 2: Herzlich willkommen an der Schillerschule

Die Einschulung ist ein wichtiger und aufregender Schritt im Leben eines Kindes. Vor allem für neu zugewanderte Familien oder mit sozial benachteiligter Herkunft kann es jedoch auch eine große Herausforderung sein, sich in einem unter Umständen noch neuen Schulsystem zurechtzufinden. Um die Integration aller Familien zu erleichtern und die Eltern zu unterstützen, hat das FGZ Schillerschule unter anderem ein Willkommenspaket für Eltern entwickelt.

Das Paket enthält:

  • Grundlegende Informationen über das Schulsystem und den Offenen Ganztag in Nordrhein-Westfalen,
  • Beschreibung der Bräuche zu Schuljahresbeginn und Austausch über andere Rituale zum Start in die Schule,
  • einen Kalender, in dem alle wichtigen Ereignisse und Termine des Schullebens benannt sind,
  • eine Liste mit den wichtigsten Schulmaterialien für den Schulanfang als Fotobroschüre.

 

Alle Informationen wurden in deutscher sowie in unterschiedlichen Herkunftssprachen in einer FGZ-Tasche verpackt.

Die Idee entstand unter anderem deshalb, weil den Verantwortlichen bei der Einschulungsfeier des letzten Jahres auffiel, dass viele Kinder keine Schultüte hatten oder manche nur eine leere Schultüte mitbrachten. Die Enttäuschung der Kinder war natürlich groß, als sie in die gut gefüllten Schultüten ihrer Klassenkameraden sahen. Auch die Eltern waren irritiert. In den Familiencafés sprachen Eltern auch oft davon, dass sie das hiesige Schulsystem nicht verstehen würden und nicht alle Rituale und Bräuche rund um Schule nicht kennen.

In Kooperation mit einigen Kitas im Quartier konnten die FGZ-Mitarbeitenden in Erfahrung bringen, welche Eltern konkrete Fragen oder allgemein ein großes Interesse an zusätzlichen Informationen haben. So konnten sie noch vor den Sommerferien und dem Schulanfang insgesamt 19 Welcome-Pakete in sechs verschiedenen Sprachen verschicken. 

Bei der diesjährigen Einschulungsfeier kam nun jedes Kind mit einer gefüllten Schultüte. Ein voller Erfolg! Dieses Angebot wird nun in Serie gehen und jedes Jahr vor den Sommerferien angeboten.

Außerdem haben sich daraufhin einige Eltern gemeldet und um weitere Unterstützung in anderen Angelegenheiten gebeten. So wurden z.B. einige Anträge im Rahmen des Bildungs- und Teilhabe-Pakets ausgefüllt und viele Fragen rund um Schule beantwortet. Daraus entstand wiederum die Idee, noch in den nächsten Wochen einen Welcome-Abend für Eltern mit diesen und ähnlichen Fragen zu gestalten.

Ein weiteres Ergebnis ist ein Elternangebot im letzten Kindergartenjahr: Das FGZ Schillerschule wird im nächsten Durchlauf mit den Eltern vor der Einschulung in der Schule Schultüten basteln. Damit unterstützt das FGZ auch den Übergang von der Kita in die Grundschule und ermöglicht einen leichteren Einstieg der neuen Schülerinnen und Schüler und ihrer Eltern, die vorab die Schule kennenlernen können und erste Kontakte zur Schule aufbauen können.

Insgesamt zeigt sich: Das Willkommenspaket ist ein Zeichen für eine offene und interkulturelle Schulkultur, die die Vielfalt der Kinder und ihrer Familien wertschätzt.

 

Die Schillerschule

Die Schillerschule ist mit der Eröffnung im Jahr 1908 eine der ältesten Schulen in Bottrop. Seit fast 15 Jahren bildet die Schillerschule mit der Grundschule Ebel einen Schulverbund. Aktuell besuchen 340 Schülerinnen und Schüler die Schule. Viele Familien der Schulkinder haben eine Zuwanderungsgeschichte oder befinden sich in prekären Lebenssituationen. Für die Kinder aus armutsgefährdeten Familien ergeben sich im Alltag ein Bündel von Problemen.

Die Schillerschule ist Ort des Gemeinsamen Lernens. Seit September 2021 ist die Schule Teil der "Initiative Familien-Grundschul-Zentren NRW" und wird über das nordrhein-westfälische Schulministerium im Bereich der FGZ gefördert.

Das Willkommenspaket sowie viele weitere Angebote und Aktionen des Familien-Grundschul-Zentrums Schillerschule sollen dazu beitragen, dass sich alle Familien an der Offenen Ganztagsgrundschule willkommen und gut informiert fühlen. Die Schillerschule möchte damit auch das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den Eltern und der Schule stärken.

 

Autorin: Nicole Kott, Schillerschule Bottrop