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Erlebnispädagogik und Methoden der Schulsozialarbeit: Eine Schule macht sich auf den Weg

Der Niedrigseilgarten der Realschule Strünkede ist zwischen vielen Bäumen aufgespannt.

Erlebnispädagogik und Methoden der Schulsozialarbeit: Eine Schule macht sich auf den Weg

Schule als Ort, Natur zu erleben – warum Klettern und Hangeln wichtige Elemente in der Gestaltung des Schullebens sein können, zeigt das Beispiel der Realschule Strünkede in Herne.

[Schule NRW 04-24]

„Wir haben Projekte gemacht, in denen alle unterschiedliche Aufgaben hatten, und gelernt, uns gut zu organisieren. Unser Zusammenhalt wurde dadurch viel besser. Außerdem macht man so viele Dinge, die man normalerweise nicht machen würde.“, berichten begeistert zwei Kinder der Jahrgangsstufen 7 und 8 der Realschule Strünkede in Herne.

Denn an dieser Schule ist Bedarfsorientierung gelebte Realität. An einem Tag prägt ein Niedrigseilgarten das Schulgelände, am anderen ist er wieder verschwunden und die Schülerinnen und Schüler erschließen sich unter dem Motto „draußen unterwegs“ die Natur als pädagogischen Lernort. 

Dies und noch viel mehr sind erlebnispädagogische Angebote der Schule, um die Selbst- und Sozialkompetenz der Kinder und Jugendlichen zu fördern.

 

Was ist Erlebnispädagogik?

Erlebnispädagogische Angebote zielen auf Gruppenerfahrungen in der Natur ab und sollen helfen, die Selbstkompetenz und die Sozialkompetenz der Adressaten zu entwickeln und zu fördern. Um diese Ziele zu erreichen, bedient sich die Erlebnispädagogik verschiedener spezifischer Methoden wie unter anderem:

  • Dem Lebenszyklusmodell nach J. Young (Coyote‘s Guide)
  • Challenge by Choice – Herausforderung nach Wahl
  • Der gewaltfreien Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg
  • Dem Johari Fenster nach Joseph Luft und Harry Ingham 

 

Was führte zu der Idee und dem Entschluss an der Realschule Strünkede, erlebnispädagogische Angebote zu konzipieren?

Anlass war die Erkenntnis, unterschiedliche, präventive Angebote an der Schule synergetisch zusammenzuführen und personelle Ressourcen zu bündeln. So war ein idealer Startpunkt, dass sich Jens Gebhardt, ein Lehrer der Schule, dazu entschloss, die Ausbildung zum Erlebnispädagogen zu absolvieren. Während dieser Ausbildung gab es bei der Umsetzung von Modulen mit Lerngruppen der Schule immer mehr Berührungspunkte und später auch Kooperationen mit der Schulsozialarbeit, die über den ursprünglichen Rahmen der Zusammenarbeit hinausgingen: Dem Ausleihen von Material, Fragen zur Umsetzung von Angeboten bis hin zur gemeinsamen Durchführung von Übungen. Im Austausch mit dem Schulsozialarbeiter Matthias Wehnes entstand in der Schule die Idee, gemeinsame Mikro-Projekte durchzuführen und Methoden aus der Schulsozialarbeit mit der der originären Erlebnispädagogik zusammenzuführen, um die Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung zu fördern und ihnen neue Erfahrungsbereiche und Lernmethoden zu ermöglichen. Als erstes konkretes Projekt sollte an der Realschule u.a. ein Niedrigseilgarten entstehen, weshalb sich beide, Gebhardt und Wehnes, als Niedrigseilgarten-Konstrukteure ausbilden ließen.

 

Was war hilfreich bei der Umsetzung?

Damit die Idee umgesetzt und vor allem auch nachhaltig etabliert werden konnte, war die Vernetzung mit Kooperationspartnerinnen und -partnern der Kommune von großer Bedeutung. Die „Kommunale Koordinierungsstelle Schulsozialarbeit“ unterstützte das Projekt und organisierte eine Fortbildung, die für Fachkräfte für Schulsozialarbeit, Sozialarbeiterinnen und -arbeiter der Jugendförderung und für Lehrkräfte offen war. Dadurch bildeten sich professionsübergreifende Teams, die nicht nur über die Grenze der eigenen Einrichtung hinausreichten, sondern auch Kooperationen von verschiedenen Einrichtungen gefördert haben und auch weiterhin fördern. Über die „Kommunale Koordinierungsstelle Schulsozialarbeit der Stadt Herne“ wurde dann für das Stadtgebiet Material angeschafft und über das Grünflächenamt der Stadt Herne eine Genehmigung zur Nutzung der öffentlichen Parkanlagen eingeholt.

Entscheidend bei der Realisierung des Projekts war die uneingeschränkte Unterstützung durch die Schulleitung und das Kollegium, die der Anschaffung von schuleigenem Material zustimmten. 

Aufgrund der positiven Resonanz der gesamten Schulgemeinschaft an der Realschule Strünkede entstand der Wunsch der Weiterentwicklung des Projekts hin zur Einrichtung einer Erlebnispädagogik AG. Für die Arbeit dieser AG wurden in verschiedenen Etappen bedarfsorientierte Umfragen durchgeführt, um mögliche Zielgruppen an der Schule herauszufinden und dementsprechend Angebote zu gestalten: So entstand ein erstes AG-Angebot für höhere Jahrgänge rund drei Monate vor den Sommerferien und eine Projektwoche direkt vor den Sommerferien für die Jahrgänge 5 bis 9 in nur fünf Monaten Planungszeit.

 

Weshalb ist eine Erlebnispädagogik AG an der Schule sinnvoll?

Seitdem es die Erlebnispädagogik AG an der Schule gibt, konnten folgende positive Effekte festgestellt werden:

  • Kinder und Jugendliche lernen sich selbst besser kennen und lernen miteinander achtsamer umzugehen, was wiederum zu einem besseren Klassen- und Lernklima führt,
  • positive Auswirkung auf Kooperation und Selbstmanagement,
  • die Lernenden machen Selbsterfahrungen und lernen sich und den eigenen Standpunkt besser zu vertreten, indem sie hierbei nach dem Handlungskonzept der gewaltfreien Kommunikation (GFK) vorgehen,
  • Verbesserung von Gruppen- und Partnerarbeiten,
  • Lernende können Erfahrungen machen, die sie sonst nicht erleben würden und dabei über sich hinauswachsen.

„Die AG sollte es auch in anderen Schulen geben, weil es die Klassen mischt und es auch Spaß macht, mit anderen was zu unternehmen. Dadurch können die Leute besser zusammenarbeiten.“ (Zitat eines Kindes aus der AG Erlebnispädagogik, Jahrgangsstufe 7/8)

 

Was sind beispielhafte erlebnispädagogische Angebote an der Schule? 

  • Niedrigseilgarten

Der temporäre Niedrigseilgarten ist ein Parcours, der nicht dauerhaft an einem Standort aufgebaut bleibt und von den aufbauenden Personen bei Bedarf oder nach Anforderung verändert und angepasst werden kann. Ein Niedrigseilgarten hat grundsätzlich eine Höhe von ca. 50 cm und kann zwischen Bäumen oder dafür vorgesehenen Vorrichtungen befestigt werden. 

Um den Parcours zu bewältigen, können die Lernenden in Teamarbeit durch Balancieren, Hangeln und Klettern ans Ziel kommen und darüber ein gutes Körpergefühl entwickeln. Für Kinder und Jugendliche im Lern- und Entwicklungsprozess können die Anforderungen individuell gesteigert und hierbei auch die Kooperationen der Teilnehmenden untereinander gestärkt werden.

Ein Niedrigseilgarten bietet den Lernenden an Grund- und weiterführenden Schulen ein hohes Maß an Entwicklungspotential der Selbst- und Sozialkompetenz. Er besitzt zudem einen hohen Spiel- und Abenteuerwert. 

  • Abenteuer Natur und Bushcrafting 

Beim Bushcrafting („Busch-Handwerk“) geht es grundsätzlich um das (Über-)Leben in der Wildnis. Bei diesem Angebot steht u.a. im Vordergrund, in der Natur zurechtzukommen, handwerkliches Geschick zu beweisen, Kenntnisse über die Natur und Umwelt zu erlangen und z.B. einen Unterschlupf zu bauen und/oder eine Feuerstelle einzurichten.

  • Gartenarbeit

Die Kinder und Jugendlichen lernen die Anzucht von Pflanzen, Beete zu erstellen und zu bepflanzen und Verantwortung für die Pflanzen zu übernehmen.

  • „Outdoor“ Erste Hilfe

Das Angebot fokussiert u.a. die Fortbewegung und den Transport in unwegsamem Gelände und das Packen des eigenen Rucksacks mit notwendigen Utensilien.

 

Für die Schule hat sich gezeigt, dass erlebnispädagogische Angebote nicht immer mit aufwendigen Planungen verbunden sein müssen. Durch gute Organisation und maßgeschneiderte, bedarfsorientierte Arbeit der Verantwortlichen und regelmäßige Reflexion mit dem gesamten Team lassen sich wünschenswerte Ergebnisse für die Schulgemeinschaft erreichen.

 

Autoren: Jens Gebhardt und Matthias Wehnes, Realschule Strünkede

Die Realschule Strünkede

Die Realschule Strünkede ist eine städtische Realschule für Jungen und Mädchen und im Stadtteil Baukau der Stadt Herne gelegen. Rund 750 Schülerinnen und Schüler besuchen die Schule, die eine Schule des Gemeinsamen Lernens ist. Das Kollegium unter Leitung von Ulrike Vogt umfasst 56 Lehrkräfte, zwei Fachkräfte für die Schulsozialarbeit, zwei MPT-Fachkräfte für das Gemeinsame Lernen sowie eine Lehrkraft für Sonderpädagogik mit einer halben Stelle.

Die Unterrichtsstunden dauern an der Realschule Strünkede 60 statt 45 Minuten. Im Bilingualen Zweig erhalten Schülerinnen und Schüler eine weitere Stunde Englischunterricht und Sachfächer werden auf Englisch unterrichtet. Außerdem können sprachinteressierte Kinder und Jugendliche sich für DELF-Prüfungen anmelden.

Neben der Erlebnispädagogik widmet sich die Schule außerdem schwerpunktmäßig dem Sozialkompetenztraining, der Berufswahlorientierung und ist Mitglied im Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Weitere Informationen unter: https://www.realschule-struenkede.de/

Weitere Informationen

Ausbildung zum Erlebnispädagogen u.a. am Jugendhof Vlotho: https://www.lwl-bildungszentrum-jugendhof-vlotho.de/de/unsere-themen/erlebnispadagogik/